Magnus Carlsen gewinnt die erste WEISSENHAUS Freestyle Chess G.O.A.T. Challenge

1,5:0,5-Sieg über Fabiano Caruana im Finale

„Es ist ein großartiges Gefühl, die Veranstaltung zu gewinnen“, sagte Magnus Carlsen, nachdem er am Freitag die erste Freestyle Chess G.O.A.T. Challenge durch einen Sieg gegen Fabiano Caruana in der zweiten Partie des Finales für sich entschieden hatte. Carlsen wird den ersten Preis in Höhe von 60.000 Dollar mit nach Hause nehmen, während Caruana 40.000 Dollar erhielt.

Levon Aronian gewann den Kampf um den dritten Platz und 30.000 Dollar dank eines knappen Sieges mit den weißen Figuren gegen Nodirbek Abdusattorov (20.000 Dollar). Alireza Firouzja sicherte sich mit einem Remis gegen Gukesh Dommaraju ($12.000) den fünften Platz ($15.000) und die Qualifikation für die Ausgabe 2025 (neben den vier Erstplatzierten), während Vincent Keymer ($10.000) auch seine zweite Partie gegen Ding Liren ($8.000) gewann und damit den siebten Platz belegte.

Magnus Carlsen war der einzige Spieler in Weissenhaus, der acht Herausforderer besiegen musste, wie Jan Henric Buettner bei der Preisverleihung anmerkte: sieben Großmeister und außerdem sich selbst. Als G.O.A.T. im von ihm konzipierten Wunschturnier am Start, lastete auf Carlsen von Beginn an mehr Druck als auf allen anderen. Er hat ihm standgehalten.

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Magnus Carlsen, die „Famous Five“ (siehe unten) und Fabiano Caruana. Foto: Maria Emelianova

Magnus Carlsen vs. Fabiano Caruana 1:0

Im Halbfinale zog Magnus Carlsen 1.g2-g4 und schrieb folgerichtig „Grob“ auf sein Partieformular. Im Finale gegen Fabiano Caruana eröffnete er wieder mit g2-g4 – und schrieb „Polnisch“.

Das war erstens schwer zu verstehen und zweitens nachlässig. Die Erklärung offenbart ein längerer Blick auf die Grundstellung. Was im traditionellen Schach „Königsflügel“ heißt und im 960 noch keinen Namen hat („g-Flügel“, sagt Carlsen), verortete Carlsen eher auf der linken Seite des Brettes, am c-Flügel also. Daher kam ihm g2-g4 wie b2-b4 vor – Polnisch.

„Polnische Eröffnung“ hätte er eigentlich schreiben müssen, um für Beobachter Verwechslungen mit der „Polnischen Verteidigung“ (1…b7-b5) auszuschließen. Für 1.b2-b4 ist „Polnisch“ eher ein Drittname nach den geläufigeren „Orang-Utan“ und „Sokolsky“.

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Unabhängig von der Eröffnung, Carlsen führte die weißen Steine, und das ist im 960 mit seiner hohen Zahl von entschiedenen Partien besser als im Schach1. Schon vor dem Viertelfinale hatte Magnus Carlsen gesagt, es sei nach seiner Einschätzung ein großer Vorteil, ein Match mit Weiß zu beginnen. Seine Ergebnisse spiegeln, warum er damit Recht haben könnte: drei Weißpartien, drei Siege.

Von Fiona Steil-Antoni nach seiner Lieblingspartie des Turniers befragt, nannte er die finale gegen Caruana: „Sie hat mir das Turnier gewonnen, außerdem war sie ziemlich gut.“ Mit seinem Schach insgesamt war Carlsen nicht vollständig zufrieden: „Manchmal habe ich zu impulsiv gespielt.“ Trotzdem sei es ihm häufig gelungen, tief in die unvertraute Stellung einzudringen und ihre Essenz zu erfassen.

Das mag auch für die zweite Partie gegen Caruana gelten, in der der Herausforderer bald mit dem Rücken zur Wand agierte. „Eine Miniatur“ befürchtete Peter Leko noch in der Eröffnung. Zeitweise sah es aus, als würde sich Caruana stabilisieren, aber letztlich wurde er doch recht glatt überspielt.

Levon Aronian vs. Nodirbek Abdusattorov 1:0

Mit seinem Eröffnungszug 1.c4 war Levon Aronian im Nachhinein gar nicht zufrieden. Seiner Einschätzung nach hätte Abdusattorov dagegen am besten das 960-Patentrezept Symmetrie angewandt: 1…c5.

Das tat Abdusattorov nicht. Aronian hatte wahrscheinlich Recht, als er anmerkte, dass Abdusattorov früh auf die falsche Bahn geraten war, beginnend mit 1…g5. „Zu expansiv.“

Die Partie wurde bald zur Einbahnstraße. „Vielleicht habe ich ihm ein wenig Luft gelassen, hätte präziser spielen können, aber ich stand die ganze Partie über besser.

Aronian bestätigt Vincent Keymers Beobachtung (siehe weiter unten), dass Vorteile beim 960 schwerer wiegen, weil das Verteidigen schwerer fällt. „Im normalen Schach verstehen wir die Verteidigungsmöglichkeiten, wie können einschätzen, ob etwas nur schrecklich ist oder hoffnungslos. Hier streben wir sogar Stellungen an, die sich als hoffnungslos entpuppen. Ein Unterschied.“

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Levon Aronian spielte 960-Englisch. Foto: Maria Emelianova

 Gukesh vs. Alireza Firouzja 0,5:0,5

Nach seiner Niederlage am Vortag musste Gukesh gewinnen, um das Match in die Verlängerung zu bringen und die Chance auf den fünften Platz und die Qualifikation für 2025 zu erhalten. Aber der jüngste Turnierteilnehmer kam nie in die Nähe von etwas Greifbarem.

Firouzja glich bequem aus und hätte sogar ambitioniert werden können. Aber das wurde er nicht einmal, nachdem sich Gukesh taktisch verhaspelt hatte. Stattdessen stellte er das Remis sicher, das er zum Matchsieg brauchte.

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Alireza Firouzja wollte nur ein Remis – und bekam es. Foto: Maria Emelianova

Ding Liren vs. Vincent Keymer

„Lustig, dass wir durch eine Zugumstellung so ziemlich die gleiche Stellung wie Alireza und Gukesh bekommen haben“, sagt Vincent Keymer im Interview nach der Partie. „Ich wollte nicht die gleichen Züge wie sie spielen, aber ihre waren die besten, daher wir sind ihnen zwei oder drei Züge gefolgt. Als ich die Wahl hatte, bin ich abgewichen.“

Keymer findet es „seltsam, dass manchmal sich Stellungen, die sich im Freestyle ergeben, ähnlich sein können, aber eine anders platzierte Figur verändere alles.“ So sei es in der Partie gegen Ding Liren gewesen. Der Springer auf b3 fühle sich dort nicht richtig an.

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„Niemand war wirklich in der Lage, etwas zu verteidigen“: Vincent Keymer. Foto: Lennart Ootes

Kann man also sagen, dass es schwieriger ist, die Harmonie der Figuren zu finden, aber es ist auch schwieriger zu erkennen, dass es einem an Harmonie mangelt?

Irgendwie beides, ja, aber ich denke, das Schwierigste ist, sich zu verteidigen. Was ich während des gesamten Turniers gesehen habe, ist, dass niemand wirklich in der Lage war, etwas zu verteidigen. Sobald die Dinge unangenehm oder schlecht wurden, hat im Grunde jeder einfach verloren. Das ist auch der Grund, warum wir so viele Partien gesehen haben, die nach 20, 25 Zügen vorbei waren, weil es so schwierig ist, sich richtig zu verteidigen. Sobald eine Disharmonie zwischen den Figuren auftritt, haben wir noch nicht diese Mechanismen wie im klassischen Schach.

Während im klassischen Schach jeder sagt, dass in den letzten 10 Jahren jeder gut in der Verteidigung geworden ist.

Genau, ich denke, wenn man in einem traditionellen Turnier gegen solche Spieler gut spielt, kann man, ich weiß nicht, zwei von zehn gewinnen. Und hier ist es so, dass, sobald man eine bessere Stellung hat, die Chancen, die Partie zu gewinnen, extrem hoch sind.

Glaubst du, dass das zum Teil auch die Erklärung für das schlechte Turnier deines Gegners ist, dass es in dieser Art von Spiel keine Möglichkeit gibt, sich zu retten, wenn man in schlechter Form ist?

Ja, teilweise. Ich meine, es gibt absolut keine Stabilität. Zunächst einmal ist die Zeitkontrolle ohne das Inkrement schwierig. 90 Minuten sind ziemlich lang, aber nicht lang für eine klassische Zeitkontrolle. Und dann hat man auch nicht diese Art von Stabilität, die man aus der Eröffnungstheorie kennt, denn im Grunde genommen könnte man etwas Solides spielen, das man gut kennt, und man hat eine Vorstellung davon, was vor sich geht. Hier muss man sich wirklich alles selbst ausdenken, und wenn das nicht gut läuft, ist es sehr schwer.

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„Wir haben alle mit dir gelitten“, sagte Jan Henric Buettner zu Ding Liren, als er ihm den 8. Preis überreichte. Foto: Maria Emelianova

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